Einige Blicke auf den 8. Mai in Coswig
von Reinhard Heinrich
(S. auch DIE LINKE.Coswig - gemeinsame Stellungnahme der Fraktion und des Ortsvorstands!)
Rückblick
Berlin: Das Foto war gestellt - die Befreiung echt. |
Einige Gedenktage bewahren wichtige Ereignisse vor dem Vergessen - wie zum Beispiel der Reformationstag, mit dem auch Nichtchristen gern die Erinnerung an den grossen Beweger Martin Luther pflegen. Denn Bewegung ist dialektisch Gebildeten viel wert.
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Weizsäcker und Herzog als Vor-(Ge)denker
Berlin: Einsichten 1946 |
Zehn Jahre zuvor hatte bereits 1985 Richard von Weizsäcker als deutsches Staatsoberhaupt in seiner vielbeachteten Rede im Plenarsaal des Bundestages mit seiner Formulierung "Befreiung vom Nationalsozialismus" eine Kernaussage unserer nationalen Erinnerungskultur geprägt.
Coswig und das Gedenken
Coswig 2011: nicht gestellt |
Es steht daher füglich keinem Deutschen - also auch keinem Coswiger - zu, sich 2013 über die Behandlung Deutscher 1945 (auch schlechte, sogar gelegentlich unmenschliche) durch die Sieger auch nur im Geringsten zu beschweren - auch wenn das bisweilen geschieht. Diese Kapitulation war bedingungslos und sie war (mehrmals!) zu vermeiden gewesen. Hitler war 1933 mittels Wahlen an die Macht gekommen und alle seine Absichten und Ziele hatte er zuvor in "Mein Kampf" offen ausgesprochen*). Dass aber auch die KPD offen und eindringlich im Wahlkampf vor Hitlers Absichten gewarnt hatte, lassen wir mal beiseite. Nach über 60 Jahren Bildungs- und Aufklärungsmöglichkeiten über (reale!) Kriegsgreuel - auch in Coswig - sich vordergründig zu beklagen heisst dann offensichtlich, den 2. Weltkrieg, insbesondere seine Ursachen und Folgen einfach nicht verstehen zu wollen.
Traditionspflege von politischer Reife
Coswig hat 2005 zum 60. Jahrestag der Befreiung und 10 Jahre nach Bundespräsident Herzogs Rede öffentlich gezeigt, dass diese Ursachen und Folgen hier im Gedächtnis bewahrt werden. Eine eindrucksvolle Feierstunde im Gymnasium führte Vertreter aller demokratischen Fraktionen unseres Stadtrates, Vertreter von Vereinen und Organisationen, interessierte Bürger sowie Schüler und Lehrer zusammen, um den Gedenktag würdig zu begehen. Ein Posaunenchor spielte angemessen feierlich. Erinnernde und mahnende Ansprachen wurden gehalten. Ein Chor von Coswiger Spätaussiedlerinnen aus Russland sorgte mit schwermütigen Weisen für den passenden Hauch "grosse russische Seele" - zum Gedenken an die allein durch deutsche Schuld gefallenen Sowjetsoldaten. Und "ausgerechnet" Pfarrer Schuster (ev. Gemeinde Coswig) rezitierte ein Gedicht des Antifaschisten Johannes R. Becher, der sich auch als Kommunist sah. So wurde unleugbar deutlich, dass die Rote Armee hier ganz Coswig befreit hatte - und nicht nur ein paar "unbedeutende" Nazigegner. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Und natürlich sass unser damaliger OB Reichenbach (CDU) in der ersten Reihe. Im Gymnasium gab es über mehrere Etagen eine Ausstellung und interessante Info-Stände zur Geschichte. Mit dieser politische Reife beging Coswig den 60. Jahrestag der Befreiung 2005.
Ausblick
Coswig 2013, die "Umgestaltung" des Gedenksteins zeigt den geschichtsvergessenen Geist mancher Zeitgenossen. |
Coswig 2013 - mitgebrachte Blumen sprechen eine deutliche Sprache |
PS: Lange vor diesem Text, am 22. Mai, hat sich auch der junge Coswiger Stadtrat Innocent Töpper gemeinsam mit Anne Kämmerer (beide Bündnis90/Die Grünen) in gleichem Sinne hier geäussert. Das bestätigt unseren optimistischen Ausblick ein wenig.
PPS: Seit dem 26.05.2013, 11:05 Uhr gibt es auf der Homepage der CDU Coswig eine wohl beschwichtigend gemeinte "Erklärung" als Nachtrag zur Veröffentlichung vom 2. Mai 2013. Offensichtlich eine Reaktion auf andere Proteste, denn unsere "Würdigung" war zu dem Zeitpunkt noch nicht erschienen. Gut, dass wir nicht allein so kritisch hinschauen!
(Vorläufig?) letzter Nachtrag: Bis ins Ruhrgebiet ist der traurige "Ruhm" der Coswiger CDU (und ihres Pressesprechers) gedrungen. Schon am vorigen Freitag erschien bei "Ruhrbarone" ein Beitrag in rauen aber herzlichen Worten zur historischen Entgleisung.
Wie gut, dass der Ruf unserer Stadt nicht allein von der CDU bestimmt wird.
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*) Wird von Victor Klemperer in LTI versichert. Das Buch "Mein Kampf" ist bekanntlich in Deutschland nicht öffentlich verfügbar.
*) Wird von Victor Klemperer in LTI versichert. Das Buch "Mein Kampf" ist bekanntlich in Deutschland nicht öffentlich verfügbar.
Ich finde es zwar seltsam, dass hierzu niemand in ganz Coswig eine Meinung hat (ausser Dr. Franz auf der Homepage DIE LINKE Coswig und eben hier im Blog) - oder sich traut, sie öffentlich zu äussern. Traurig, traurig. Aber in Dresden spricht man schon darüber. Zum Beispiel hier: http://www.addn.me/nazis/geschichtsunterricht-mit-der-cdu/
AntwortenLöschenUnd nicht allein die CDU müsste sich fragen lassen, ob dieser Pressesprecher nicht zur Belastung wird - nein, der ganze Coswiger Stadtrat hat ihn ja auch als "sachkundigen Bürger" in zwei Ausschüssen bestätigt. Sind an seiner "Sachkunde" nicht zumindest Zweifel angebracht? Ausgerechnet die Ausschüsse "Verwaltung" und "Betriebsausschuss kommunale Dienste" - gibt es da keine (oder nur schweigsame) Linke, die ihn mal kollegial nach der Herkunft seiner Ansichten fragen könnten? Wie schwach ist DIE LINKE in Coswig eigentlich?
=> http://www.svcoswig.de/buerger/kp020.asp?KPLFDNR=321
fragt sich besorgt (als gelegentlicher Besucher der Coswiger Börse)
G. Bräuer, Dresden