Gerechte Wasserpreise, aber wie?

Überlegungen eines Aufsichtsratsmitglieds
von Dr. Eckehard Franz
Stadtrat
Wie alle anderen Bürger habe ich Preissenkungen gern und Erhöhungen nicht. Die Gründe für Erhöhungen zu akzeptieren fällt schwer, besonders wenn lautstarke Falschbehauptungen diese Einsicht behindern. Der Artikel von Dagmar Gorek trägt nicht zur Klärung, sondern zur Verwirrung bei. Einem ganzen verantwortlich handelnden Aufsichtsrat „Hetze“ und Lügen zu unterstellen, liegt weit außerhalb verantwortlichen Vorgehens.

Mit der Einsicht, dass die gestiegenen Fixkosten mit dem bisherigen Entgelt nicht mehr zu decken sind, hat Dagmar Gorek recht. Aber leider sind alle ihre Schlussfolgerungen und Entgegnungen falsch.

Die ökonomischen und demografischen Gründe für gestiegene Fixkosten sind allgemein bekannt: die immer weiter aufgehende Schere zwischen sinkender Einwohnerzahl, sinkendem Wasserverbrauch und Anstieg der Preise für Materialien, Ersatzteile, Energie und auch der Löhne und Gehälter. Die Stadt Coswig war immer bestrebt, die sozialen Belastungen der Bürger so niedrig wie möglich zu halten und Daseinsvorsorge für alle zu betreiben. Pfennigfuchserei sagten manche dazu, wir nicht.

So sozial dachten und handelten auch die großen Wohnungsgesellschaften und erhöhten erst nach 10 jähriger Pause die Mieten.

Die WAB stand und steht vor der gleichen Herausforderung. Die Folge war eine fast jährliche und imageschädigende Diskussion über Preiserhöhungen bei Trink- und Abwasser. Die schließlich 2008 vorgenommene Erhöhung der Grundgebühr erwies sich als keine Dauerlösung. Sie war ungerecht, weil sie den Gleichheitsgrundsatz entscheidend verletzte, die Mieter entlastete und die Eigenheimbesitzer über Gebühr stark belastete. 9,60 € monatlich standen 1 € in Sechsgeschossern oder 50 Cent in Hochhäusern gegenüber. So nebenbei: wir können froh sein, dass die protestierenden Eigenheimer nicht wie in Meißen oder Lommatzsch den Streit über Gericht ausgetragen haben. Sie hatten gute Aussichten dazu, dass das Gericht diese Regelung gekippt hätte.


Einen Preistreiber hat sich unsere Stadt 1995 selbst organisiert: der Stadtratsbeschluss zum Wasserkonzept, nur Gebühren zu nehmen und den Grundeigentümern keine Anschlussbeiträge aufzuerlegen. In der „Schlacht um die Beiträge“ hat der Widerstand der Grundeigentümer entgegen der mehrheitlich getragenen Beschlussvorlage Beiträge verhindert. Allen voran die größten Grundeigentümer der Stadt, die WGC und die WBV, die die je 8 Millionen DM als insolvenzfördernd bezeichneten. Coswig war jahrelang weit und breit die einzige Kommune ohne Beiträge.

Der Ersatz der fehlenden Beiträge durch Bankkredite mit hohen Zinsen für die 50 Millionen Euro Investitionen zur Erneuerung des Trink- und Abwassernetzes bewirkten höhere Gebühren als andernorts. Logisch. Sie wurden gut eingesetzt. Insgesamt kann sich das Ergebnis der zügigen und effektiven Arbeit der Mitarbeiter der WAB sehen lassen: 99% Anschlussgrad beim TW und 98 % beim Abwasser. Die Senkung der Trinkwasserverluste von über 20 auf unter 10% ist ein Spitzenergebnis und dämpft die Kosten für alle.

Zu den anderen „Argumenten“ von Dagmar Gorek ist zu sagen:

  • Es gibt keine Subventionierung der Abwasserentsorgung durch die Trinkwassersparte. Für den Bürger ist zwar nur das Gesamtergebnis der WAB entscheidend, aber dennoch werden beide Sparten getrennt geführt und abgerechnet, wie das Gesetz es vorschreibt. (Im jährlich allen Stadträten vorliegenden Wirtschaftsplan einsehbar.) Die über einige Jahre erfolgte „Verlustplanung“ im Abwasser ist beseitigt.
  • Eine Höherbelastung der Eigenheime infolge der Länge der Wasserleitungen, exakter der „Hausanschlüsse“, klingt für einfache Gemüter gut. Berechtigt ist sie nicht, weil diese Längen im Gesamtnetz eine verschwindend geringe Rolle spielen. Sie beträgt wertmäßig 2%.Und die Dimensionierung der Hauptleitungen erfolgt nach dem größten Abnehmer, dem Mehrgeschosser. Unser Netz mit seinen Kosten beginnt in der Talsperre Klingenberg. Das Wasserwerk Coschütz in Dresden Süd garantiert die hohe Qualität und Stabilität unseres Trinkwassers. Trotz dieser großen Leitungslängen war und ist der Anschluss an den Dresdener Raum die richtige Lösung.
  • Die Gemeinschaftskläranlage Meißen als „Luxus“ oder „Hobby“ zu bezeichnen ist nach 10 Jahren Stadtratstätigkeit mit jährlicher Information über die Wirtschaftsberichte eine schlimme Fehlleistung und Irreführung der Bürger. Die für 105.000 Einwohnerwerte ausgelegte GKA reinigt seit 1996 vorbildlich die 5,5 Mio. m³ Abwasser der 92.000 angeschlossenen Bürger unter Einhaltung und Unterbietung aller Ablaufwerte. Ihre Auslastung zu 90 % und bei Starkregenfällen zu 120% ist plangerecht. Eine kostengünstigere Lösung für Coswig gab und gibt es nicht. Den behaupteten Zusammenhang mit dem Trinkwasserpreis gibt es nicht.

Im übrigen leisten die beiden Wasserverbände eine sehr gute Arbeit, exakt von Wirtschaftsprüfern bestätigt. Das ist eine Garantie für Stabilität und günstige Kosten bei Trinkwasser und bei Abwasser. Daran sind wir als konstruktive Opposition aktiv beteiligt.

Die gefundene und im Aufsichtsrat der WAB beschlossene neue Vergütungsregelung ist das Ergebnis einer einjährigen gründlichen Arbeit. Deutschlandweit suchen alle Wasserbetriebe nach besseren Vergütungsregelungen, die stabiler, langfristiger und gerechter sind. Die Auswertung ergab, dass die anderen Modelle (nach Personen, nach Familien mit und ohne Kind usw.) nicht rechtssicher, effektiver und gerechter waren als das Modell der Wohneinheit. Darum wurde dieses Modell favorisiert und beschlossen. Die sechs Euro ergaben sich aus der Festlegung, künftig zwei Drittel der Fixkosten über die Grundgebühr abzudecken und die Preiserhöhungen der nächsten Jahre einzuarbeiten. Für zumindest fünf Jahre ist die Gebühr damit stabil.

Trotz aller einleuchtenden Gründe dafür, habe ich dagegen gestimmt, weil ich die Mehrbelastung den Ärmeren unter uns nicht zumuten will. Sie beträgt zwar nur 5 € im Monat bei den meisten Mietern von WBV und WGC (bisher 1 € und künftig 6 €).

Wir hatten uns vor Jahren darauf verständigt: Markenzeichen der Linken sollte sein: Unterscheidbarkeit in Sachkunde und Konstruktivität der Interessenvertretung, aber nicht in der Bedenkenlosigkeit des Umgangs mit der Wahrheit und den eigenen Leuten.

Daran sollten wir uns auch künftig halten.

Coswig, den 19.8.2010

8 Kommentare:

  1. Hallo , Dr. Eckehard Franz

    bis jetzt hat nur ein Aufsichtsratsmitglied der WAB ausführlicher über die neuen Entgelte hier im Blog informiert und über sein Abstimmungsverhalten Rechenschaft abgegeben . Das warst Du .
    ( nach Thomas Schubert , Bürgermeister in Coswig , i.A. des Oberbürgermeisters ? Er ist auch Aufsichtsrat der WAB )
    Dafür mein Dank .
    Um so mehr verwundert mich dein Kommentar an D. Rode vom 17 August, 2010 19:32 .
    Die" SZ " u. der Coswiger Anzeiger reichte als Bürgerinfo für einige andere _ _ _ wohl aus , war es schon beschlossene Sache ?
    Was wäre , so frage ich mich , wenn Dagmar nicht ihre Sicht hier im Blog " Coswig von Links " am 11.Aug. veröffentlicht hätte ?
    Die " SZ " hat danach aus dem Blog abgeschrieben und ihre Sicht zum besten geben .Sommerloch gefüllt wie R.Heinrich so treffend bemerkte .Der letzte Leserbrief dazu war der 28.Juli 2010 .
    Der Preissprung für Ärmere ist schon bedenklich .Hier rächt sich etwas .
    Ich frage mich warum die Untervariante mit den über 18-Jährigen , vorgestellt in der " SZ " vom 18.Juni 2010 , nicht zum tragen gekommen ist , zumal Jörg Morgenstern diese in Erwägung zog .
    " Die Auswertung ergab, dass die anderen Modelle (nach Personen, nach Familien mit und ohne Kind usw.) nicht rechtssicher, effektiver und gerechter waren als das Modell der Wohneinheit. "
    Deine Aussage stelle ich hier mal in Frage .
    Grund-entgelde nach Haushalten aber differenziert nach Personen mit eigenen Einkommen wäre eine Möglichkeit von gerechteren Wasserpreisen zu sprechen sofern politisch gewollt .Einfach und effektiv zugleich ist das natürlich nicht zu haben .Einfach ist Gesamtkosten geteilt durch Einwohner .
    In der Debatte wird zu wenig über die Gründe der Erhöhungen eingegangen . Z.b. " Geldsegen muss versteuert werden " SZ vom 26./27.Juni 2010 .
    Allgemein bekannt ist vieles , nur bei den Details sind Fakten und entsprechende Auswirkungen der Öffentlichkeit besser zu verdeutlichen meine ich .
    Nun da ich weis wie das Abstimmungsverhalten der Fraktion DIE LINKE ist bleibt nur noch die Frage wie entscheidet sich der Rest im Stadtrat am 29.09.2010. .
    Bis zum 01.10.2010 ist es dann ja nicht mehr weit .

    P.S. mein Kommentar darf auch weiter verbreitet werden nur bitte nicht entstellen .

    mgf . ein Prolet

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  2. Als normaler Coswiger Bürger, der mit dieser Thematik bisher noch nicht befasst war, stellt sich mir als Erstes die Frage, warum die Gebührenerhöhung so plötzlich und so dramatisch erfolgen soll.Lt. meinen Informationen wäre es eine ca. 500% bis 1000%ige Erhöhung. Dies kommt nahezu einer Verzehnfachung gleich.
    Ohne nähere Erklärung unverständlich und suspekt. Mit allgemeinen Preissteigerungen, demographischer Entwicklung etc. nicht zu erklären.
    Vielleicht kann mir da einer der im Blog/Forum schreibenden Profis erklärend zur Hand gehen. Vielen Dank.

    Ein Bürger

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  3. Lieber Coswiger Bürger, das ist es ja eben. Gerechtigkeit kann gar nicht allen gefallen - wenn sie statt 22 Cent plötzlich 3,57€ kosten soll. (nur am Beispiel Abwasser) Natürlich könnte man das Unrecht beibehalten, daß diejenigen, die für den gleichen "Luxus" (ans Coswiger Netz angeschlossen zu sein) bisher 5,71€ bezahlt haben, das auch weiter zahlen. Für die 22-Center mit. Einfach so. Nur haben Gerichte (anderwo in unserem Kreis) darüber schon entschieden. In Coswig hat nur noch keiner geklagt. Die Solidarität der Vielzahler mit den Wenigzahlern kann aber wohl nicht endlos beansprucht werden. Auch wenn es schön wäre. Es hätte so einen charmanten Hauch von "Menschengemeinschaft" und "Volkseigentum", nicht wahr ...

    meint
    ein ganz anderer
    Coswiger Bürger

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  4. 1. Gerichte können anderenorts anders entscheiden. (Es stellt sich ohnehin die Frage, warum noch nicht geklagt worden ist. Da kann das Unrecht wohl nicht so groß sein.)
    2. Um „Menschengemeinschaft“, „Volkseigentum“ oder Derartiges geht es hier nicht sondern
    3. um Nachweise, wie solche Berechnungen zustande kommen, die so plötzlich eine Preissteigerung v. 500% nötig machen.
    Dann und erst dann kann geprüft werden, was
    4. Unrecht sein könnte oder auch nicht.

    Ein Nichthausbesitzer

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  5. Ja, eine gute und richtige Forderung. Einsicht entsteht nur durch Kenntnis. Mal den K3 einschalten, das Coswiger Fernsehen, wo gerade Herr Neupold ausführlich erklärt, warum und wie die Preisänderungen erfolgen sollen.
    Näheres kommt in den nächsten Wochen.
    Eckehard Franz

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  6. Hallo Teilnehmer,
    etwas ganz anderes: während ich hier schrieb, kam der Nachbar und teilte mit, dass "die heizen". Einer seiner Heizkörper lief mit voller Kraft, wahrscheinlich weil die kühlen Herbsttemperaturen die Heizstation im Keller automatisch ausgelöst hatte. Bitte die neu eingebauten Heizungen kontrollieren, da sie anlaufen, wenn sie nicht auf Null gedreht sind.
    Eckehard Franz

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  7. Mich würde mal interessieren warum die Coswiger Linke keine Bürgerinitiative startet.
    Nie könnte Die Linke soviel Stimmen und Zuspruch ernten wie bei dieser Angelegenheit(80% der Coswiger sind Mieter) auch und gerade fuer die nächste Wahl.
    Oder will sie dies etwa gar nicht ?

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  8. Gute Idee. Aber: Bürgerinitiativen entstehen immer dort, wo Betroffene sich einig werden. Parteien steigen dann als "Trittbrettfahrer" mit ein - oder auch nicht.
    Bisher hat Die Linke hier die freie Diskussion ermöglicht - wenn ich das hier richtig verstehe. Und hat die Diskussion überhaupt erst in Gang gebracht - Dank Frau Gorek! Das ist schon mehr, als alle anderen Parteien tun - oder? Wahrscheinlich sind das ja auch nur Menschen. Von Parteien erwarte ich sowieso nicht mehr viel. Aber von Menschen so einiges ...

    Der Sünder
    (aus dem Sündigen Dorf)

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