Stadtrat S. Böttger |
Im folgenden dokumentieren wir einen Brief des Aufsichtsrates der WBV Coswig an die Bewohner der Lössnitzstrasse 21 - 43, unterzeichnet vom Aufsichtsratsvorsitzenden Stadtrat Sven Böttger (SPD)
WBV Wohnbau- und Verwaltungs-GmbH Coswig
Radebeuler Str. 9, 01640 Coswig
Aufsichtsratsvorsitzender
Tel.: 0173 / 3942003
Wohnungsnutzer der
Wohnungsgenossenschaft Coswig eG
Lößnitzstraße 21 – 43
01640 Coswig
Unser Zeichen: b-g
Datum: 21.07.2012
Schreiben des Vorstandes der Wohnungsgenossenschaft Coswig vom 26.06.12
Sehr geehrte Wohnungsnutzer,ich benutze heute die sehr ungewöhnliche Art eines persönlichen Briefes an Sie, um auf ein Schreiben des Vorstandes der WGC vom 26.06.2012 zu reagieren. In diesem Schreiben werden die Aufsichtsräte der WBV Wohnbau- und Verwaltungs-GmbH in einer sehr scharfen und nicht der Wahrheit entsprechenden Form attackiert. Beim Aufsichtsrat der WBV könnte der Verdacht aufkommen, dass die WGC hier vorsätzlich versucht, den Ruf der Aufsichtsräte der WBV zu schädigen.
Vorweg möchten die Aufsichtsräte der WBV ausdrücklich betonen, dass wir an einer guten und konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Vorstand und den Mitgliedern der Coswiger Wohnungsgenossenschaft interessiert sind.
Zum Sachverhalt:
Im Zuge der durch die WGC durchgeführten Umgestaltung der Freifläche im Bereich der Breiten Straße kam es zu öffentlichen tumultartigen Beschwerden einiger Wohnungsnutzer der WGC innerhalb des Stadtentwicklungsausschusses. Der Oberbürgermeister musste die Sitzung unterbrechen. Streitpunkt war, ob im Bereich der Breiten Straße nach der Umgestaltung ausreichend Parkplätze zur Verfügung stehen. Die Meinungen gingen auseinander. Wo es Streit gibt, muss nach der Gesetzeslage gefragt werden. Die Stadträte waren gezwungen, im Ergebnis dieser Auseinandersetzungen zwischen Wohnungsnutzern der WGC und dem Vorstand der WGC die gesetzlichen Forderungen einzufordern bzw. umzusetzen.Die Gesetzeslage:
Im § 49 Sächsische Bauordnung (SächsBO) - Stellplätze, Garagen – ist festgelegt :(1) Für Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abgangsverkehr von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern zu erwarten ist, sind Stellplätze, Garagen und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in dem erforderlichen Umfang auf dem Baugrundstück oder in zumutbarer Entfernung davon auf einem geeigneten Grundstück herzustellen, dessen Benutzung für diesen Zweck rechtlich gesichert wird (notwendige Stellplätze).
Die Zahl, Größe und Beschaffenheit der notwendigen Stellplätze einschließlich des Mehrbedarfs bei Änderungen und Nutzungsänderungen der Anlagen ist zu bestimmen unter Berücksichtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Bedürfnisse des ruhenden Verkehrs sowie der Erschließung durch Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs.
In der Verwaltungsvorschrift zur Sächsischen Bauordnung VwVSächsBO zu § 49 wird die Anzahl präzisiert mit 1-2 Stellplätzen pro Wohnung.
Die besondere Situation im Wohngebiet Dresdner Straße
Dieses Wohngebiet stellt eine städtebauliche Sondersituation dar, die aus den rechtlichen Verhältnissen der DDR-Zeit gewachsen ist. Den Stadträten und den Verantwortlichen der Stadtverwaltung war aber sofort klar, dass eine Umsetzung des Gesetzes mit 1,0 Stellplatz pro Wohnung auf den Grundstücken der beiden Wohnungsgesellschaften zu einem Überangebot von Stellplätzen zu Lasten der Grünflächen führen würde. In die Ermittlung eines Stellplatzschlüssels mussten die angrenzenden Garagenstellplätze, die Stellplätze im öffentlichen Bereich sowie die Parkhäuser mit einbezogen werden. In vielen Stunden der Diskussion, nach umfangreichen Untersuchungen und Analysen und unter Einbeziehung eines Ingenieurbüros für Verkehrsplanung wurde eine Stellplatzrichtlinie speziell für das Wohngebietgebiet Dresdner Straße erarbeitet und durch die Stadträte fraktionsübergreifend bestätigt. Schrittweise beginnend mit 0,5 Stellplätzen/ Wohnung auf den Grundstücken der Wohnungsgesellschaften wird die Stellplatzforderung angehoben, damit die Stellplätze im öffentlichen Bereich langsam zu Gunsten eines verbesserten Verkehrsflusses zurückgebaut werden können. Unter Beachtung und Einbeziehung der angrenzenden Garagenkomplexe, der Stellplätze im öffentlichen Bereich und der Parkhäuser ist mit der Coswiger Stellplatzrichtlinie für das Wohngebiet Dresdner Straße die Forderung der Sächsischen Bauordnung mit mindestens 1,0 Stellplatz/WE erfüllt.Behauptungen der WGC im Schreiben vom 26.06.2012 an die Wohnungsnutzer:
- Bei genossenschaftlichen Bauvorhaben wäre von Seiten der Stadt immer die Stellplatzforderung 1,0 Stellplatz/WE erhoben worden. Diese Behauptung ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Die Stadtverwaltung hat die Nichterfüllung der Forderungen nach § 49 der Sächsischen Bauordnung immer toleriert. Die tatsächliche Stellplatzanzahl liegt nach der Analyse der Ingenieurgesellschaft Dr. Brenner je nach Wohnbereich zwischen 0,11 bis 0,65 Stellplätze / Wohnungseinheit, im Mittel bei 0,33 Stellplätze/WE und damit deutlich unter 0,5 Stellplätze/WE. Nur in einem Wohnbereich liegt der Stellplatzschlüssel bei 0,65 und damit über 0,5.
- Die Stellplatzrichtlinie kommt dem städtischen Wohnungsunternehmen zu Gute und bringt diesem einen Vorteil gegenüber der WGC. Diese Behauptung ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Die städtische Wohnungsgesellschaft muss nunmehr einen Stellplatzschlüssel verwirklichen, von dem die WGC immer befreit wurde. Da die WGC ihre Grundsanierung abgeschlossen hat, wird für sie die Stellplatzrichtlinie praktisch nicht mehr wirksam.
- Die Stellplatzrichtlinie benachteiligt die Belange der Betroffenen und führt zu einer Ungleichbehandlung der Coswiger Bürger.
Diese Behauptung ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Die Stellplatzrichtlinie führt zukünftig zu einer Gleichbehandlung aller Wohnungseigentümer in diesem Gebiet. Eine subjektive Entscheidung durch Mitarbeiter der Stadtverwaltung ist nicht mehr möglich. - Die Stadträte, die gleichzeitig Aufsichtsräte in der städtischen Wohnungsgesellschaft sind, hätten zum Vorteil der städtischen Gesellschaft entschieden. Diese Behauptung ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Die WGC konnte ihre Umbauten und Grundsanierungen durchführen, ohne dass von der Stadtverwaltung Stellplatznachweise für Stellplätze auf eigenen Grundstücken nach SächsBO § 49 gefordert wurden. Die WBV wird zukünftig nach der Stellplatzrichtlinie arbeiten müssen und dies stellt sie besonders im Hochhausbereich vor schwierige und umfangreiche Aufgaben. Die Stellplatzrichtlinie ist in keinem Punkt zum Vorteil der städtischen Wohnungsgesellschaft.
- Die Stadt muss bei Rückbau von Stellplätzen im öffentlichen Bereich dieses Stellplatzdefizit ausgleichen. Diese Forderung entbehrt jeder rechtlichen Grundlage. In der Sächsischen Bauordnung § 49 ist eindeutig formuliert “auf dem Baugrundstück oder in zumutbarer Entfernung davon auf einem geeigneten Grundstück“ sind die Stellplätze nachzuweisen. Für die Umsetzung der gesetzlichen Forderungen ist allein der Grundstückseigentümer (Bauherr) verantwortlich.
- Die praxistauglichen Vorschläge der WGC fanden keinen Eingang in die Beschlussfassung zum Umbau der Lößnitzstraße. Hierzu sei angemerkt: In den Beratungsorganen der Stadträte wurde der Umbau der Lößnitzstraße umfangreich und kontrovers in verschiedenen Varianten diskutiert. Die Stadträte haben nicht nur die Interessen der im Bereich der Lößnitzstraße wohnenden Mieter zu berücksichtigen. Städtebauliche und verkehrstechnische Gesichtspunkte der Gesamtstadt müssen beachtet werden. Im Ergebnis einer Vielzahl von Beratungen wurde im Stadtrat abgestimmt. Die vorliegende Lösung fand eine demokratische Mehrheit. Dies müssen auch die akzeptieren, die eine andere Lösung bevorzugt hätten.
Die Aufsichtsräte der WBV GmbH Coswig sind auch Mitglieder des von den Bürgern der Stadt Coswig, also auch von Ihnen, demokratisch gewählten Stadtrates. Sie sind dem Wohl der gesamten Stadt verpflichtet.
Für weitere Fragen oder auch für ein persönliches Gespräch stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichem Gruß
im Namen aller Aufsichtsräte
Sven Böttger
Aufsichtsratsvorsitzender
Der "Großvater der Kommunikation", Paul Watzlawick, stellte fest: "Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bestimmt." Vereinfacht heißt das: A reagiert aggressiv... B antwortet aggressiv... A antwortet wieder aggressiv... B antwortet noch aggressiver... A antwortet noch weitaus aggressiver... usw. Letztlich glaubt jeder, im Recht zu sein, ohne sich genau daran zu erinnern, um was es eigentlich geht. Und wenn die Folge der dann schon voraussehbaren und sich stets verstärkenden Handlungen nicht unterbrochen wird, kommt es unweigerlich zum schlimmsten Desaster. In dem Falle geht um das Wohl der Mieter und das Ansehen der Stadt.
AntwortenLöschenVorschlag: Jetzt müsste endlich eine der sich streitenden Seiten - am besten diejenige, die am meisten im Recht zu sein glaubt - der anderen ein wirklich annehmbares, konstruktives Angebot unterbreitet. Und dann vielleicht noch eines... Dadurch wird sich die Situation entweder bessern, weil jeder dann Gewinner wird, oder es zeigt sich in aller Öffentlichkeit, dass die andere Seite gar keine Besserung will.
In gegebenen Falle ist es vielleicht noch etwas komplizierter, denn WGC und WBV sind eigentlich gar nicht die direkten Konfliktpartner; sie sind eher Wettbewerber im Wohnungsmarkt, was in einer solchen Kommune gar nicht zu sein brauchte. Doch da stehen noch Stadtverwaltung und Stadtrat dazwischen. Deshalb habt Mut, Sven, geht noch einmal auf die WGC zu! Stellt Eurerseits, einseitig das Zanken ein. Last Euch vom Stadtrat und der Stadtverwaltung dabei unterstützen. Ihr könnt nur gewinnen.
G. Dietmar Rode