Die Einlader blieben fast unter sich
Wie jedes Jahr seit Roman Herzog hatten die Coswiger Stadtrats-Fraktionen
eingeladen, der Opfer des
Nationalsozialismus am Tage der Auschwitz-Befreiung zu gedenken.
Dieses Jahr war etwas anders, in Coswig.
Nicht das Wetter, nicht die Lichtverhältnisse, nicht die
Blumengebinde. Aber irgendwas war anders.
Die Ansprache vor dem VVN-Stein in der Bahnhofstraße schien
zunächst im gewohnten Rahmen zu bleiben. Aber zum Schluss wurde Frau Brigitte
Köhler, Stadträtin und erste Vorsitzende der Teresa Carreño & Eugen
d´Albert Gesellschaft Coswig e.V., etwas persönlicher.
Sie sprach über Beweggründe. (Das neudeutsche Wort heißt „Motive“)
Und sie fand es wichtig, diesen Gedenktag würdig zu begehen. Und wie aus der Verpflichtung
ein Bedürfnis wurde.
An der Gedenktafel auf dem Schulhof wurden diesmal schweigend
Blumen angebracht. Man muss nicht ständig Worte wiederholen, wenn man einen
Begriff hat von den Taten wie den Leiden unserer Vorfahren.
Interessant wurde es am Gedenkstein an der Karrasburg. „Gegen Diktatur und Gewaltherrschaft“ - heißt es dort in Stein gemeißelt.
Anlass genug für unseren OB, ohne Redezettel,
einfach aus
dem Herzen heraus, vor dem zu warnen, was er an Stammtischen in der
letzten
Zeit gehört hat. Die Gefahr, dass breite Zustimmung zu einfachen
(Schein-)lösungen
aktueller Probleme in eine Diktatur führt, hat unser Volk schon einmal
ignoriert.Und sich mit allgemeinen Losungen und Stammtischparolen
gegnügt. Da weiss der deutsche Michel gleich, dass er auf der richtigen
Seite steht.
Ein befreundeter Pfarrer aus Oldenburg schrieb mir dazu heute
auf Facebook: „Die Selbstimmunisierung der Moralisten und Prediger ist
ein so seichtes Gewässer, dass man über solche Naivitäten eigentlich kein Wort verlieren
sollte, wenn es nicht um so viel ginge wie die Auslieferung der Wirklichkeit an
den Rechtsradikalismus!"
Die ernste Wirklichkeit war
fühlbar an diesem Tag.
Schade, dass einige Coswiger, die
das auch gefühlt hätten, verhindert waren.
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