von Reinhard Heinrich
Es war schon ein bemerkenswerte Veranstaltung. Aus allen Richtungen strömten Teilnehmer zur Lößnitzstrasse. Und die Wiese an der ehemaligen Lache, wo der Bahndamm am höchsten ist, weil er einen ehemaligen Elbarm (zur Eiszeit) durchquert, war voller Menschen.
Die Veranstalter hatten vom Präsidenten des sächsischen Landtags bis zu den Kreisvorsitzenden der Parteien alles an Prominenz in Bewegung zu setzen vermocht, was im Kampf gegen den Bahnlärm helfen könnte. Zu Beginn outete sich Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler (CDU) solidarisch als ebenfalls betroffener Bürger, der an seinem Wohnort Cossebaude sogar dem Lärm der Güterzüge beiderseits der Elbe ausgesetzt ist. Er riet der Bürgerinitiative dringend zu einer Petition, um die Politik schnellstmöglich als Partner fest an die Hand zu nehmen. Auf gesundheitliche Folgen des Bahnlärms machte Grünen-Fraktionsvorsitzende MdL Antje Hermenau aufmerksam und forderte Geschwindigkeitsbeschränkungen für laute Züge. SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzender MdL Martin Dulig wies darauf hin, dass eine den Bahnlärm einschränkende EU-Richtlinie von der Bundesrepublik noch nicht ratifiziert ist, so dass die Bahn vom Bund (noch) mehr Spielräume geniesst, als die EU ihr zubilligen würde. Die Schließung der Wartungswerkstätten in Dresden-Friedrichstadt (ehemals Bahnbetriebswerk und RAW) verschärfe noch die unkontrollierte Lärmemission besonders von Güterwaggons, die - im Durchschnitt 50 Jahre alt - den modernen Güterverkehr profitabel realisieren.
Frank Neupold /Foto:Rode |
Der Coswiger OB Frank Neupold trat gleich mal demonstrativ mit blauen Gehörschutzkappen ans Mikrofon. Er müsse sich ohnehin schon viel anhören - und da fehlten die Güterzüge gerade noch. Die Landes-Politiker wolle er auch mit Gehörschutz unbedingt beim gesprochen Wort nehmen. Weitere eigene Geschwindigkeitsmessungen ("Blitzer") der Stadt am Bahndamm sollen den Zusammenhang zwischen Tempo und Lärm-Situation dokumentieren.
Der CDU-Kreisvorsitzende MdL Geert Mackenroth aus Radebeul-Zitzschewig - demnächst, nach Inbetriebnahme der erneuerten Gleise in Radebeul, ebenfalls von den "Segnungen" des "modernen" Schienen-Güterverkehrs betroffen - sprach sich ausdrücklich für ein parteiübergreifendes demokratisches Handeln der Bürger zur Wahrnehmung ihrer elementaren Verfassungsrechte aus und erwähnte in diesem Zusammenhang "wie nebenbei" die Anwesenheit der LINKE-Kreisvorsitzenden MdL Kerstin Lauterbach, die dann quasi das Schlusswort hielt und den Kreis zu Rößlers Petitionsaufruf schloss:
Kerstin Lauterbach /Foto: Rode |
Sie sei im Petitionsausschuss des Landtages und wolle der zu erwartenden Petition ordentlich auf die Sprünge - und zum erwünschten Erfolg - verhelfen. Im übrigen könne sie als Anwohnerin des neu errichteten Bahnbogens (Weißig-Böhla) bei Großenhain neuerdings auch den rücksichtslosen "Aufschwung Bahn" mit hören.
Die Veranstalter hatten es auch geschafft, den MDR und das Coswig-Fernsehen und so gut wie alle grossen und kleinen Zeitungen der Region zu mobilisieren, um die Stimme der Bahnlärm-Betroffenen möglichst weit hörbar zu machen. Mit Trillerpfeifen und (geschätzt) über tausend Kehlen probierten die Teilnehmer aus, wieviel Energie erforderlich ist, um absichtlich einen Lärm von 100 Dezibel zu erzeugen. Es war anstrengend aber möglich. So mancher Güterzug sendet das locker im Vorbeifahren aus. Und dieser Zug-Lärm ist nicht nur störend sondern auch verschwendete Energie, die die Lokomotive unnötigerweise zusätzlich aus dem Netz zieht. Das war dann aber nicht mehr Gegenstand der eindrucksvollen Demo.