Wasser ist ein Menschenrecht

Europäische Bürgerinitiative zwingt EU-Binnenmarkt-Kommissar seine Richtlinie zur Vergabe von Konzessionen zu korrigieren!

von Dagmar Gorek
Stadträtin
"Die Wasserschlacht hat sich gelohnt" konnte man in der SZ vom Sonnabend lesen. 800. 000 Europäerinnen und Europäer hatten bis zum 21. Februar mit ihrer Stimme und digitaler Unterzeichnung der Initiative zum Ausdruck gebracht, dass die Wasserversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge weder ganz noch teilweise an private Betreiber übertragen werden darf.

Erstmals will die EU-Kommission die Vergabe von Konzessionen durch Städte und Gemeinden regeln. Ein einheitlicher Rechtsrahmen sei nötig, Korruption soll bekämpft werden, so die Kommission.

Die Linke positioniert sich eindeutig, indem sie fordert, alle Bestrebungen zur Privatisierung von Wasser zu stoppen. Wettbewerb ist das falsche Instrument für Güter der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Eine Mehrheit der Abgeordneten im federführenden Binnenmarktausschuss hatte am 24. Januar 2013 für die umstrittenen Richtlinien gestimmt. Deshalb wurde avisiert, die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments zu gewinnen - damit das Allgemeingut "Wasser" weiter in öffentlicher Hand bleibt. Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht!

Das nun im Vorfeld Nachbesserungen erfolgten, ist das Ergebnis wochenlangen Protestes von Bürgern und Kommunen. Meine Stimme war auch dabei.

Coswig - ungewöhnlich, aber gut ...

Wie Gedenken in Coswig zum Nachdenken (ge-)führt (wird).

von (c) Reinhard Heinrich
Bundesweit begeht man seit 1996 den Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus entsprechend der Proklamation des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog alljährlich am 27. Januar. Coswig ist manchmal anders. Hier wird nachgedacht, um möglichst auch historisch bedingtem Tun einen gegenwärtigen Sinn zu geben. Zwiefach sinn-voll war die Verlegung der Ehrung auf den Montag nach dem eigentlichen Gedenktag. Der Montag darauf passte einfach besser, um viele Teilnehmer zu mobilisieren und ausserdem gab es noch einen dazu passenden Anlass. Dazu später mehr.

Bewegtes Gedenken

Stadtrat Dr. Franz bei der Ansprache
Was sich mancherorts auf eine Kranzniederlegung beschränkt, ist in Coswig eine "Bewegung" - zwischen drei Gedenk-Orten. Die Teilnehmer treffen sich am VVN-Gedenkstein in der Bahnhofstrasse, legen Blumengebinde nieder und hören eine Ansprache. Das "demokratische Privileg", diese Rede auszuarbeiten und vielleicht noch weitere, würdige Beiträge zu gestalten, geht reihum alljährlich an eine jeweils andere Fraktion des Stadtrates. Ehrgefühl und die Gewissheit, irgendwann selbst einmal an einem dieser Steine zu sprechen, gebietet sicherlich so manchem Volksvertreter, der vielleicht auch "besseres zu tun" hätte, möglichst hier dabei zu sein. Gestern war es der Linksfraktion übertragen, die auch vollzählig teilnahm, aber in der Menge der weiteren Teilnehmer eigentlich nur auffiel, wenn sie "dran" war.


Manche Coswiger Bürger ohne solchen "Vordergrund" kommen auch wegen ihres persönlichen - auch familiär-historischen Hintergrundes. Im meiner Nachbarschaft blies einer stets vom Balkon auf der Trompete mehr oder weniger rote Lieder, wenn nazitreue Rundfunkhörer die Fenster öffneten und die "Goebbelsschnauze" laut drehten, damit die Führer-Rede überall gehört werde. Er hieß Heinz Dreißig und hat wohl das KZ Hohnstein einigermassen überlebt, denn seine Trompete habe ich als Kind noch manchmal in der Siedlung gehört.
Dr. Franz, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE hielt am Gedenkstein seine Ansprache, die von der weithin bewältig geglaubten Geschichte der Nazi-Verbrechen auf das "überraschende" Wiederauftauchen gewalt- und mordbereiter junger Menschen im "nationalsozialistischen Untergrund" hinführte.
So weit die Station Eins.

Erschreckendes "Sieg heil" statt "Sport frei!" - Turnhalle


Die Teilnehmer bewegen sich vom Gedenkstein zur Leonhard-Frank-Mittelschule in der Hauptstrasse, wo an der alten Turnhalle eine Gedenktafel berichtet, dass am 5. April 1933 hier 70 Coswiger, die den Nazis nicht in den Kram passten, von SA-Männern misshandelt wurden. Wer es wollte, konnte schon kurz nach Hitlers Machtergreifung hier das wahre Gesicht des menschenverachtenden NS-Systems erkennen. Der trompetende Nachbar vom Lachenweg war unter den 70 Misshandelten.
Stadträtin Dagmar Gorek beim Verlesen
des Adenauer-Briefes
Stadträtin Dagmar Gorek (Fraktion DIE LINKE) verlas hier einen sehr persönlichen Brief Konrad Adenauers, der den alten Kanzler von einer gänzlich anderen Seite zeigt, als DDR-Schüler ihn kennen lernten: Als Mensch, der sich sorgte um das öffentliche Erscheinungsbild der katholischen Kirche und darum an einen Pfarrer schrieb, um gegen die "wir haben von nichts gewusst"-Mentalität im westlichen Nachkriegsdeutschland klar Stellung zu nehmen: (Auszug)


"Das deutsche Volk, auch Bischöfe und Klerus zum großen Teil, sind auf die nationalsozialistische Agitation eingegangen. Es hat sich fast widerstandslos, ja zum Teil mit Begeisterung gleichschalten lassen. Darin liegt seine Schuld."
Adenauer, todsicher nie ein Freund kommunistischer Ideen, hätte gegen die Hitler-Faschisten durchaus als (geistiger) Verbündeter wahrgenommen werden können. Frau Gorek erweiterte damit Horizonte. Blumen an der Tafel zeigen: Wir waren hier - und wir wissen, warum.


Am Stein des (früheren) Anstosses an der Karrasburg


Oberbürgermeister Frank Neupold
ehrt die Opfer von Gewaltherrschaft
mit einem Blumengebinde
OB Frank Neupold, von Anfang an als aufmerksamer Teilnehmer dabei, eilt zur dritten und letzten Station voraus. Er muss nicht sein Blumengebinde durch das halbe Coswiger Zentrum mitschleppen, wenn es den Gedenkstein für alle Opfer von Gewaltherrschaft an der Karrasburg, wenige Schritte vom Rathaus zu schmücken gilt. In vielleicht gut gemeinter Solidarität eilen einige mit ihm, während ein beträchtlicher Teil der Gruppe in "altersgerechtem" Tempo nachkommt. Und so sind auch hier wieder alle dabei, wenn auch gerade dieser Stein vor Jahren nicht von allen politischen Köpfen in Coswig gleich gut gefunden wurde.
Denn er würdigt auch Opfer der "Diktatur des Proletariats" - zu der sich ja die SED völlig offen und sogar stolz agitierend bekannte. Da gibt es nichts zu deuteln. Wenn die DDR alles klug und richtig gemacht hätte, wäre sie vermutlich noch da - und niemand hätte etwas gegen sie einzuwenden.
Stadträtin Monika Rasser beim Gedichtvortrag
Stadträtin Monika Rasser (Fraktion DIE LINKE) trug hier ein sehr schön "lokal verwurzeltes" Gedicht von Hanna Hartig, der Leiterin unserer Coswiger Musikschule, vor. Woran man sieht: Würdiges Gedenken an die Opfer braucht keine großen Worte großer Dichter. Die Worte unserer hiesigen Dichter sind groß genug, um etwas gutes auszudrücken. Man muß nur auf sie hören. Brecht hat das wohl gewußt, als er sagte: 
"Die Wahrheit darf nicht etwas Allgemeines, Hohes, Vieldeutiges sein. Von dieser allgemeinen, hohen, vieldeutigen Art ist ja gerade die Unwahrheit."
Und Coswiger wissen das.

Der zusätzliche Anlass

Nach dem Gedenken an obigen drei Orten konnte, wer wollte, noch einer nicht alttäglichen Ausstellungeröffnung beiwohnen, deren durchaus provozierender Titel manchem "gelernten DDR-Bürger" dann wohl doch zuviel war: >>"Das hat es bei uns nicht gegeben." - Antisemitismus in der DDR.<<. Mehr darüber in der Karras-Depesche - CNN.


Literararische Ergänzung

Am gestrigen Tag verstarb übrigens in Wien Ceija Stojka. Die österreichische Schriftstellerin und Künstlerin gehörte den Lovara-Roma an, die besonders in Zentral- und Osteuropa beheimatet sind. Sie überlebte als Kind drei nationalsozialistische Konzentrationslager (Auschwitz-Birkenau, Ravensbrück und Bergen-Belsen). Auch ihr galt unser Gedenken - selbst wenn vielleicht ihr Name den meisten Coswigern  kein Begriff ist. Aber man kann ja mal in der Buchhandlung Tharandt beim Stadtrat Herrn Rost (seit 1922 heissen die Inhaber so) nach dem Buch "Wir leben im Verborgenen" fragen. Sie schrieb darin 1988 als eine der ersten über das Schicksal ihres Volkes im Nazi-Reich.

Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus in Coswig

Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus in Coswig

Der 27. Januar ist den Opfern des Nationalsozialismus gewidmet. In diesem Jahr findet die Gedenkveranstaltung in Coswig in einem besonderen Rahmen statt - und aufgrund des Sonntages erst am Folgetag.

Am Montag, 28. Januar 2013, um 15 Uhr treffen sich Stadträte und Bürger am Gedenkstein Bahnhofstraße, um dort bzw. vor der Gedenktafel an der Leonhard-Frank-Mittelschule und an der Karrasburg Blumengebinde niederzulegen. Die Gedenkansprache hält in diesem Jahr Herr Stadtrat Dr. Eckehard Franz (Fraktion Die Linke.).

Um 16 Uhr wird im ev. Gemeindezentrum am Ravensburger Platz 6 die Ausstellung "Das hat’s bei uns nicht gegeben!“ - Antisemitismus in der DDR der Amadeu-Antonio-Stiftung eröffnet, die die Stadtverwaltung gemeinsam mit der Ev.-Luth. Kirchgemeinde nach Coswig geholt hat. Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Coswig werden die inhaltliche Gestaltung des Nachmittags übernehmen und mit der Sichtweise ihrer Generation sicherlich interessante Blickwinkel eröffnen.

(Pressemitteilung der Stadtverwaltung)

Grundschule West - was sagt die Linksfraktion?

Unsere Meinung zur Umgestaltung der Grundschule West

Dr. Eckehard Franz,
Fraktionsvorsitzender Die Linke

Das Coswiger Projekt, die Grundschule West zu erhalten, ist seit drei Jahren Gegenstand der Arbeitsgruppe Schulen des Stadtrates. Sie war in den Plänen der Bildungsagentur und im Kreisschulplan bereits gestrichen, weil die derzeit 135 Grundschüler bei voller Auslastung auch in den beiden anderen Grundschulen Mitte und Brockwitz unterzubringen wären. Die voll sanierte dreizügige GS Mitte hat derzeit nur zwei Klassen.
Dabei war ein Teil der Begründung, Dorfschulen mit noch geringeren Schülerzahlen beim Erhalt zu helfen, indem die drei großen Kreisstädte Coswig, Riesa und Großenhain auf je eine verzichten, auch ganz vernünftig. Mit Mühe und großem Einsatz erreichten unsere beteiligten Kreisräte und Stadtverwaltungen im Kreissozialausschuss, dass diese Kürzung rückgängig gemacht wurde. Für unsere Stadt spielte dabei der Antrag der evangelischen Schule auf ein anderes Gebäude eine entscheidende Rolle. Sie hat in dem ehemaligen Kindergarten nur noch für ein Jahr Platz. Und das sind auch Coswiger Kinder, zumindest zur reichlichen Hälfte.
Die Prüfung aller möglichen Varianten ergab: der Erhalt dieser sehr großen, großenteils noch unsanierten, schön ruhig im Grünen gelegenen Schule am nordwestlichen Rand der Stadt war nur möglich durch ihre volle Auslastung mit gemeinsamer Nutzung durch die staatliche Grundschule und die evangelische Grund- und Mittelschule.
Natürlich gibt es bei allem Neuen auch gegenteilige Ansichten, berechtigte und unberechtigte, realistische und überzogene. Mitunter nur vom eigenen Interesse getragen. Neues setzt sich nie von allein und bei voller Zustimmung aller durch. Sondern oft in zähem Ringen, teilweise mit hitzigem Gefecht. Und bei Schulsachen geht es um die eigenen Kinder!! Wer hat da wohl immer recht? Manche Schärfen in der Debatte sind verständlich, die zunehmenden Unterstellungen und Falschbehauptungen im Schutze der Anonymität nicht.
Aus diesen Gründen haben wir seit mehreren Jahren mit Beschluss des Stadtrates eine AG Schulnetzplanung gebildet. Sie hat bisher alle großen Projekte gründlich beraten, bevor sie dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt wurden. Der erfolgreiche Kampf um die Erweiterung unseres Gymnasiums war nur eines dieser positiven Ergebnisse. Die Erhaltung und Umgestaltung der GS West wird ein weiteres sein.
Um wirklich sicher zu gehen in so einer „heißen Sache, schlug die AG vor, ein anderes erfolgreich laufendes Projekt zum Erfahrungsaustausch zu besuchen. Ergebnis der Suche: davon gibt es sehr wenige. Eines im thüringischen Saalfeld. Dass wir damit richtig lagen, zeigte die sehr große Teilnahme von Stadträten, Eltern, Lehrern und den Verantwortlichen der Schulämter unserer Stadt, vom Kreis und sogar der Bildungsagentur in Dresden. In zwei Bussen und einigen PKW fuhren mehr als 20 Interessierte nach Saalfeld. Sie wurden nicht enttäuscht, sondern ausführlich, offen und ehrlich über Lösungen und Probleme informiert. Keine Frage blieb offen. Leider fehlte Herr Ulbricht.
Ergebnis: es geht, wenn man will. Natürlich gibt es anfangs Probleme der gegenseitigen Gewöhnung. Exakte Trennung der Wege und Einzugsbereiche ist erforderlich, ebenso wie gute Abstimmung bei der geneinsamen Nutzung von Turnhalle, Werkräumen u,ä.. Die rechtlichen und finanziellen Dinge müssen eindeutig geklärt und gelöst sein.

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